Allgemeine Informationen
Gedanken zur Ausstellung
KünstlerInnen
Joseph Beuys
Anett Frontzek
Sophia Link
Friederike Lorenz
Janine Luther
Sina E. Pieper
Julia Charlotte Richter
Matthias Richter
Tatendrang-Design
Mario Zgoll
Raum und Zeit
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Matthias Richter
Performance, 2009
Ich schaffe mir meine eigene Realität, nach meinen Vorstellungen, moralischen Ansichten und Überzeugungen!
Das ist der Kern meiner Arbeit.
Seit meinem 12. Lebensjahr entstand die Idee einen idealisierten absolutistischen Staat wieder aufleben zu lassen.
Zuerst erwuchs diese Idee aus der reinen Begeisterung für die Epoche des Barock.
Ich war fasziniert von der Geradlinigkeit des Staatsdenkens, der Kunst, der Musik, der Mode, der Architektur.
Eine fast in sich abgeschlossene Welt, deren Geisteshaltung in jedem Bereich der damaligen menschlichen Kultur wieder zu finden ist.
Es entstanden die ersten Pläne von idealen Schlössern, denn leider gab es ja kaum noch Anlagen, die im Sinne des Absolutismus erhalten waren.
Die Nähe zu der Gedankenwelt Ludwig II. von Bayern war offensichtlich, doch im Gegensatz zu ihm, war es mir umso wichtiger nicht nur ein Schloss zu bauen, sondern vor allem einen absolutistischen Hofstaat darin wohnen zu lassen.
Ich habe mich am Anfang meines Studiums stark mit der Malerei beschäftigt und versucht damit meine Vorstellungen auszudrücken.
Jedoch habe ich dann den Schritt gewagt, diese Ideen so weit wie möglich in der Realität zu inszenieren.
Es sollte ein Schloss gebaut werden, das zwar stark bestehende Gebäude zitiert, aber dennoch eine eigne Interpretation bleiben sollte.
Ein Hofstaat, versammelt um einen Monarchen, soll an diesem Hof leben, nach den Ausgangsfaktoren des Absolutismus.
Das heißt auf der einen Seite eine starke Orientierung am 17. und 18. Jahrhundert, aber keinesfalls die Negation der Realität und des technischen Fortschritts.
Es gibt verschiedene Planungsstufen, das Schloss selbst ist in verschiedenen Ausdehnungen geplant, ebenso der große Park.
Es gibt eine Stadt in der das bürgerliche Leben stattfinden soll usw.
Doch meine Arbeit ist kein „Reenactement“ sondern eine Neuinterpretation, wenn auch mit starker historischer Ausrichtung.
So entstand eine eigene Verfassung für dieses fiktive Königreich, ein umfangreiches Hofrecht das die Etikette regelt, die Staatsfarben wurden festgelegt und verschiedene Ministerien gegründet.
Besonders fasziniert war ich seit jeher von dem Hofzeremoniell.
Doch die Beschreibungen sind meist recht abstrakt und lassen kaum zu, dass man den Sinn dahinter erfassen kann. Doch eines wird immer wieder gesagt, das Zeremoniell sei unerträglich.
So entstand 2007 die Aktion „Le Soleil levant“
Eine 6 Tage dauernde Performance, indem ich zusammen mit einigen Studenten versuchte den Tagesablauf nach der strengen französischen Hofetikette nachzuempfinden.
Das ganze war eine Art Testlauf, um für mich selbst festzustellen, ob es überhaupt machbar ist so zu leben und ob diese ständige Öffentlichkeit nicht unangenehm bzw. unerträglich sein könnte.
Doch ich fühlte mich in der Rolle wohl und fand diese Vorurteile keinesfalls für mich bestätigt.
Die eigenständige Forschung nimmt ebenfalls breiten Raum in meiner Arbeit ein. Denn so hart es klingen mag, das was man in der Schule über diese Epoche erfährt ist die Zeit nicht wert. In den meisten Fällen sind die Texte die in Schulbüchern zu finden sind reine Spekulation, Vorurteile und Hörensagen. Nichts womit man wirklich arbeiten könnte.
Ich arbeite bevorzugt mit originalen Quellen, Augenzeugenberichten, Tagebüchern, Bauplänen etc.
Das ganze Projekt des fiktiven Staats wird vorerst mit einer Performance im nächsten jahr gipfeln, meiner Krönung.
Ein weitere Aspekt der mich sehr interessiert ist die Macht an sich, wodurch wird Macht ausgeübt ?
Unter Louis XIV war es schon verboten seinen Gemälden den Rücken zuzukehren.
Mann musste sich selbst vor seinen Speisen verneigen.
Allein die pompöse Hofkleidung flößte den Untertanen Respekt ein, denn die wertvollen Stoffe kosten viel Geld, wer Geld hat, hat auch Macht.
Zudem erhöhen die Absätze der Schuhe, die Perücken und die Hüte, die Körpergröße um ein vielfaches.
Kleider machen eben Leute.
Ich versuche eine Art „Archetyp des Königs“ darzustellen, damit zu spielen unabhängig von der Zeit. Zwar konzentriert sich mein Interesse auf das optische Erscheinen eines Fürsten in der Epoche 1620 – 1820, aber ich bin da nicht festgelegt.
Für die jetzige Performance ist jedoch dieser Zeitrahmen bestimmend.
Diese Kleidung lässt jedoch den Menschen dahinter völlig verschwinden, man wird selbst zum Kunstgegenstand, eine Parallele die man als Künstler oft zu spüren bekommt.
Auch ist die exzessive Selbstdarstellung von Barockfürsten und heutigen Künstlern mehr als nur verwandt.
Das ganze ist ein abstrahierter Opernbesuch, während der Fürst der Oper lauscht, ist für das gemeine Volk, vielleicht auch für den Hof nur der Monarch von Interesse, die Oper tritt völlig in den Hintergrund und ist auch nur akustisch zu erleben.
Um die Inszenierung auf die Spitze zu treiben werde ich jeden Tag, einen Monat lang eine andere Hofrobe tragen.
Die Kostüme sind allesamt nach historischen Vorlagen von mir selbst angefertigt worden.
Auch wenn die Opern nur im Hintergrund bleiben, so haben sie doch ebenfalls eine gewichtige Bedeutung.
Alle Werke entstammen natürlich der Zeit des Absolutismus, alle Werke wurden in einem höfischen Rahmen aufgeführt. Alle Werke haben gewisse Allegorien zum Inhalt in denen der Fürst sich selbst erkennen kann.
Die Werke selbst sind so gewissenhaft ausgewählt, dass sie nicht nur aufs Jahrzehnt zu den jeweiligen Kostümen passen, sondern zugleich auch die bedeutendsten Werke der Epoche darstellen. So kommen Werke von Cavalli, Cesti, Lully, Steffani, Händel, Hasse, Rameau, Mozart und Gluck zu Gehör, die akustisch die Welt des Absolutismus wieder aufleben lassen.
 

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