3.
Oder einfach noch mehr rauchen?? Soll ja beruhigen! Hab ich mal gehört. Um dem Chaos in meinem leben entgegen zu wirken habe ich schon mal angefangen den Fußboden in meinem Zimmer frei zu räumen, dabei kamen interessante
Sachen zum Vorschein, Teppichboden zum Beispiel und einige von Jules verschollenen Socken. Der zweite Schritt wäre ja nun eigentlich, da es in meinem Zimmer kein Abenteuer mehr ist, barfuß zu laufen, ein wenig Ordnung in meinem Kopf zu schaffen. Da herrscht nämlich auch noch großes Chaos! In den letzten einundzwanzig Jahren habe ich so unglaublich viele unnütze Informationen in meinen Kopf gepumpt, dass passt auf keine Kuhhaut (obwohl ich nicht wirklich weiß wie groß so eine Kuhhaut eigentlich ist)!Und da mein armes, kleines Gehirn nicht gerade übermäßig leistungsfähig ist, bin überfordert, wenn es darum geht mich für irgendetwas zu entscheiden, es gibt ja so viele Fürs und Wieders! Neulich zum Beispiel, habe ich einen äußerst netten, jungen Mann kennen gelernt, naja eigentlich habe ich diesen anbetungswürdigen Halbgott nur aus der Ferne betrachtet und in meinem Kopf eine Pro und Kontra Liste -Sprech ich ihn jetzt an?- aufgestellt. Bis ich damit fertig war ist der Typ nach Hause gegangen... mit einem anderen Mann! Tja. Was mir gerade in diesen Situationen am meisten "Angst" macht, ist gar nicht so sehr die Möglichkeit eine Abfuhr zu bekommen (das bin gewöhnt, da bin ich abgehärtet) sondern eher die Tatsache dass ich so unglaublich
viel Schwachsinn erzähle, wenn ich ein wenig nervös bin! Ich sollte mich damit abfinden, dass ich weder geistreich noch witzig oder charmant sein kann, wenn es darauf ankommt! Ich wirke immer eher ein wenig hysterisch, dümmlich. Ein guter Freund von mir sagte mal "Schlagfertig ist das, was einem ´ne halbe Stunde später einfällt!" Recht hat er!
Mensch, was könnte ich schlagfertig sein, wenn man mir nur so ein bisschen Bedenkzeit einräumen würde. Hammerhart!

Ahh. Und Aua. Undefinierbarer Ganzkörperschmerz. Mein Gesicht klebt am Kopfkissen fest, obwohl ich weiß, dass es ein schlechter Plan ist öffne ich langsam die Augen.
Nochmal Aua.
Das mit der Alkoholabstinenz hat ja prima geklappt!
Penetrantes Piepsen durchdringt das dumpfe Dröhnen in meinem Kopf. Tinitus? Nein, der Wecker. Es ist 9.30 Uhr. In einer Stunde muss ich beim Zahnarzt sein. Wie schön. Während ich noch versuche, mit schlafverkrusteten Augen, mich aus der Bettdecke zu knoten, öffnet sich meine Zimmertür. Ein für diese Uhrzeit viel zu wacher Moritz schmettert mir ein wiederlich gut gelauntes "Guten Morgen" entgegen! Bähh! Der Blick in den Badezimmerspiegel bestätigt meine schlimmsten Befürchtungen. Augenringe bis zum Kinn, ich sehe aus wie ein Borg! Egal, jetzt erst einmal nur schnell Zähneputzen, zum duschen bleibt keine Zeit. Also los! Ich schleppe mich durch die Innenstadt. Ich werde nie wieder Alkohol trinken. NIE WIEDER.
Beim Arzt treibt mir der Geruch von Desinfektionsmitteln Tränen in die Augen. Ähh Bäh. Eine Sprechstundentante mit der Stimme einer Kreissäge kreischt sich durch mein Hirn, dann schickt sie mich ins Wartezimmer. Bequemer Stuhl, mir gegenüber eine ältere Frau, die Geräusche von sich gibt, als würde sie gleich jämmerlich verrecken. Aber muss das den HIER sein? Augen zu - selige Dunkelheit - Einamtmen – Dämmerzustand "Tschuldigung, Behandluungszimmer 3!"
Ja, Hallo!
"Gehen sie bitte ins Behandlungszimmer 3!"
Ach, ich bin gemeint? Während ich mich aus dem Stuhl quäle, springt die besagte ältere Dame erstaunlich schnell auf "Und wann bin ich dran? Ich warte schon seit einer Stunde!" - "Frau Meyer, sie haben ihren Termin erst in eineinhalb Stunden!" Manche Menschen haben einfach zu viel Zeit!
Ich krieche den Gang entlang, links die Türen. Zimmer 1, Zimmer 2, Zimmer4. Hä? Rechts in einer dunklen Ecke hinter einer verstaubten Plastikpflanze entdecke ich Zimmer 3. Der Geruch von Desinfektionsmitteln wird stärker, mein Brechreiz auch! Zahnarztstuhl, Lätzchen, Zahnarzt, viel zu helles Licht. Aua. "Ja, mhm, da müssen wir aber,... da ist ein Stück weggebrochen, schon wieder... also... lassen sie sich...na... Auf Wiedersehen!" Äh, was?
Locht aus, Lätzchen weg, Händeschütteln, raus. Wars das? Ich torkle, benommener als vorher zurück zur Kreissägenstimme. "Da ihr neuer Termin"
Okay, ich verstehe zwar nicht was hier los ist, aber okay. Das passt schon. Durch wiederliches Nieselwetter zurück nach Hause. Unterwegs noch was zu trinken kaufen, ich habe nämlich mal gehört, das der Kater hauptsächlich dadurch entsteht, dass der Körper dehü...,dehyüdr... ach Scheiße! Wasser im Körper kaputt! Bäh.
Da Bahn. Sitzen, danke! Aber irgendwie stinkt es hier auch ganz schlimm und ich meine nicht den penetranten Alkohol- und Zigarettengestank, das bin ich. Mir gegenüber zwei kleine Jungs, die riechen als hätten sie nicht nur zum Frühstück eine Flasche Parfum über sich geleert, sondern sonst auch jedes Duftwässerchen ausprobiert, dass der Schrank ihres Papis hergab Mhm, lecker. Dazu neckisch eingeritzte Augenbrauen und die Hosen in den Tennissocken.
Sehr schön!
Endlich bin ich zu Hause, da mein Bett, hinfallen, schlafen. Scheinbar Zehntelsekunden später werde ich von hämmernden Klopfen gegen meine Zimmertür geweckt. Was ist denn jetzt???
 

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